Für viele Studierende ist die Masterarbeit, die letzte große Schreibarbeit am Ende des Studiums, eine beängstigende Aussicht. Doch auch das wissenschaftliche Schreiben ist kein Hexenwerk. Zumeist haben Sie ein ganzes Semester Zeit, Ihre Arbeit vorzubereiten, zu recherchieren und zu verfassen – Sie werden feststellen, dass diese Zeit mehr als ausreichend ist, wenn Sie die Aufgabe strukturiert angehen.
Am Anfang eines jeden wissenschaftlichen Schreibprozesses – ob das nun die Masterarbeit ist oder eine Dissertation – stehen Recherche und Themenfindung. Sie sollten diese nicht als von Ihrem eigentlichen Schreiben getrennte Arbeitsbereiche wahrnehmen, sondern als elementaren Bestandteil dieses Prozesses.
Gerade bei einer Masterarbeit, die deutlich umfangreicher und detaillierter sein sollte als eine BA-Arbeit, ist es wichtig, dass Sie sich für diesen Arbeitsschritt genügend Zeit einräumen und in enger Kommunikation mit Ihrem Betreuer bleiben. Denn je genauer Sie hier arbeiten, desto leichter wird Ihnen das Ausformulieren Ihrer Ideen und Erkenntnisse im nächsten Arbeitsgang fallen.
Gliederung und Zeitplan
Sie haben Ihr Thema gründlich recherchiert, Primärquellen und Sekundärliteratur gesichtet und sind jetzt bereit, mit der Schreibarbeit anzufangen.
Beginnen Sie damit, Gliederung und Zeitplan, die Sie bereits in Ihrer Recherchephase begonnen haben, fein auszuarbeiten. Betrachten Sie Ihre Gliederung als das Skelett Ihrer Arbeit – dies ist keine unnötige Mehrarbeit, sondern das Fundament Ihres Textes. Ergänzen Sie also die Struktur um die notwendigen Unterpunkte und umreißen Sie den Inhalt eines jeden Gliederungspunktes in einem Satz. Es ist ebenfalls empfehlenswert, bereits in dieser Phase Ihre Literatur grob zu sortieren und den jeweiligen Gliederungspunkten zu zuordnen – dann verlieren Sie später beim Schreiben nicht den Überblick über Ihre Quellen.
Überarbeiten Sie nun auch noch einmal Ihren Zeitplan, den Sie ganz am Anfang Ihres Arbeitsprozesses erstellt haben. Erlauben Sie genügend Zeit für die Niederschrift Ihrer einzelnen Kapitel sowie die Überarbeitung der gesamten Arbeit. Seien Sie dabei lieber realistisch als ehrgeizig – es ist niemanden damit gedient, wenn Sie versuchen, jedes Kapitel in zwei Tagen zu schreiben, diesen Plan nicht einhalten können und am Ende keine Zeit mehr für eine ordentliche Korrektur haben. Bedenken Sie dabei auch, Puffer sowohl für sich selbst als auch externe Umstände einzubauen. Wenn dann Ihre Betreuerin für die Rückmeldung länger braucht als abgesprochen oder wenn Sie im Prozess bemerken, dass Sie ein zusätzliches Kapitel recherchieren und einbauen müssen, sind Sie darauf vorbereitet.
Rohfassung
Diesen Tipp werden Sie häufig gehört haben, aber er ist immer noch wahr: Beginnen Sie nicht mit Ihrer Einleitung. Es reicht völlig, wenn Sie diese mit einigen groben Stichpunkten skizzieren, damit Sie nicht den Fokus verlieren. Sie müssen nicht einmal chronologisch mit dem ersten Kapitel beginnen, obwohl dies für viele Schreibende am Einfachsten ist – wenn Sie merken, dass es Ihnen schwerfällt, einen Anfang zu finden, dann beginnen Sie einfach mit dem Kapitel, das Sie selbst am Interessantesten finden oder auf das Sie sich am meisten freuen.
Sie sind jetzt sehr gut auf das Schreiben vorbereitet: Sie haben Ihre ausführliche Gliederung, Ihre geordneten und sortierten Quellen und Ihren Zeitplan. Nun sollten Sie sich einfach erlauben, darauf loszuschreiben. Hinterfragen Sie nicht jeden Satz, suchen Sie nicht schon jetzt nach der richtigen Formulierung, sondern vertrauen Sie auf Ihre Struktur und schreiben Sie einfach. In den folgenden Arbeitsgängen werden Sie genug Zeit zum Korrigieren haben. Eine einzige Ausnahme von dieser Regel gibt es: Seien Sie bei den Literaturverweisen bereits so genau wie möglich. Durch Ihre gute Vorbereitung sollte dies keine große Belastung sein und Sie werden es später zu schätzen wissen.
Fine Tuning
Bereits beim Schreiben der Rohfassung können Sie Zeit einplanen, in der Sie ein bereits geschriebenes Kapitel überarbeiten. Dabei hilft es, immer ein paar Tage zwischen Schreiben und Überarbeitung vergehen zu lassen. So haben Sie genügend Abstand zu dem Text und gleichzeitig die Möglichkeit, eine Pause von der Anstrengung der Schreibarbeit einlegen zu können, ohne wertvolle Arbeitszeit zu verlieren.
Setzen Sie bei der Überarbeitung Ihrer Kapitel verschiedene Schwerpunkte: Konzentrieren Sie sich einmal ganz auf Sprache und Ausdruck, achten Sie beim nächsten Durchlauf vor allem auf den Umgang mit der Literatur oder auf die konkrete Umsetzung Ihrer Recherchefrage. Wenn die Arbeit dann in ihrer Gänze steht, können Sie auch ganzheitlicher lesen und korrigieren – gibt es Redundanzen oder gar Widersprüche in den verschiedenen Kapiteln; wie bauen die einzelnen Abschnitte aufeinander auf?
Am Schluss dieses Prozesses sollten Sie auch Einführung und Schlusswort ausformulieren. Wichtig: Planen Sie genug Zeit ein, um Bibliografie und Verweise im Text gründlich zu erstellen und zu überprüfen.
Korrekturen
Sie haben Ihre Arbeit selbst schon Dutzende Male korrigiert und auch Ihr Betreuer kennt sie bereits in- und auswendig. Suchen Sie sich Testleser: Am besten mindestens zwei – eine Kommilitonin, die sich in Ihrem Fachgebiet auskennt und einen Fachfremden. Nehmen Sie Kommentare und Hinweise ernst, aber überprüfen Sie natürlich auch genau, welche Änderungen Ihre Arbeit bereichern könnten und wo Sie nicht bereit sind, Eingeständnisse zu machen. Besprechen Sie sich auch ein letztes Mal mit Ihrer Betreuerin, um offene Fragen und Sorgen aus der Welt zu schaffen.
Jetzt ist die Arbeit praktisch abgabefertig. Idealerweise lassen Sie den Text nun zwei oder drei Tage liegen und entspannen sich am See. So können Sie mit frischen Augen noch einmal eine allerletzte Korrektur machen – bleiben Sie hier diszipliniert und konzentrieren Sie sich auf Form, Grammatik und Rechtschreibung. Inhaltlich sollten Sie nun nichts mehr ändern.
Dann steht dem Druck und der fristgerechten Abgabe nichts mehr im Weg.
Fazit
Gerade, wenn Sie mit Schreibblockaden zu kämpfen haben oder Ihnen das Verfassen einer so umfangreichen Arbeit Angst macht – halten Sie sich an die hier vorgestellten Arbeitsschritte:
- Themenfindung, Recherche und erste Gliederung
- Ausarbeitung der Gliederung, Organisation von Quellen und Literatur, Zeitplan
- Schreiben der Rohfassung
- Fine Tuning, Einleitung und Schluss, Literaturnachweise
- Korrekturläufe und Feedback
- Letzte Korrektur und Abgabe
Erlauben Sie sich genügend Zeit, eine verlässliche Struktur zu erstellen und brechen Sie sukzessive Ihre Arbeit in Teilelemente auf, die Sie nacheinander abarbeiten können, dann werden Sie schnell merken, dass Sie nicht nur genügend Zeit für notwendige Pausen haben, sondern dass es Ihnen sogar Spaß machen wird, Ihre Masterarbeit zu schreiben.